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Back to the roots - Wurzeln & Wirkung von Lobpreismusik

| Musik

Carsten Hauptmann blickt zurück auf den Thementag GEMEINDE | MUSIK | LOBPREIS

Am 27. März 2023 fand der zweite Online-Thementag GEMEINDE | MUSIK | LOBPREIS statt. Fünfzig Teilnehmende versammelten sich auf den Fernsehmonitoren im Studio der CVJM-Geschäftsstelle in Dresden: Lobpreisleiterinnen und Kirchenmusiker, Pfarrerinnen und Jugendmitarbeiter, Studierende und Band-Enthusiasten – sie alle sind in unterschiedlichen Zusammenhängen verantwortlich für die Musik im Gottesdienst und damit auch für das, was in den meisten Gemeinden ein relevantes Thema ist – Lobpreis.

Guido Baltes, Theologe, Musiker und Pionier in der Beschäftigung mit diesem Thema, stellte in seinem Einführungsvortrag klar, dass Lobpreismusik nur ein kleiner Teil von dem ist, was man unter „Lobpreis“ und „Musik“ im Allgemeinen verstehen kann und dass es außerhalb dieser Schnittmenge viele andere Formen des Musizierens im Glaubenskontext gibt. Unter dem Titel „Back to the roots – eine kurze Zeitreise durch die Geschichte der Lobpreismusik“ erläuterte Baltes die biblischen Grundlagen und dass bis ins Mittelalter die meiste Musik in der Kirche Lobpreis- und Anbetungsmusik war. Luther wollte, dass die Menschen in den Gottesdiensten nachvollziehen können, was gefeiert wird und welcher Gott das ist, der da angebetet wird. Aspekte der Verständlichkeit und Verkündigung rückten in den Mittelpunkt. Luther begründete mit seinem Liedschaffen eine protestantische Musiktradition, die heute in Chorälen, Verkündigungs- und Erzähllidern, sowie einer reichen kirchenmusikalischen Tradition von Johann Walter über Paul Gerhardt und J.S. Bach bis in die lutherischen Liturgien unserer Gottesdienste zu hören ist. Baltes sprach in diesem Zusammenhang von Veranstaltungen, die einem biblischen „Infotainment“ mit musikalischer Abwechslung gleichen. Demgegenüber wurden in jüngster Zeit in den charismatisch geprägten Freikirchen die biblischen Ursprünge der „betenden Musik“ wieder verstärkt in den Blick genommen und diese musikalische Anbetung gilt es zu verstehen und zu gestalten.

Die Podiumsdiskussion, die sich an Baltes‘ Vortrag anschloss, widmete sich biografischen Wegmarken der Gesprächsgäste. Lydia Liebscher von der FeG Dresden beantwortete die Frage, was eine Lobpreisleiterin eigentlich macht und berichtete von den Diskussionen in ihrem Musikteam, ob nur die musikalische Qualität im Mittelpunkt stehen soll.

Im zweiten Teil des Nachmittags wurde diskutiert, welche Wirkung Musik entfalten kann und was diese Wirkung beeinflusst. Die Dresdner Filmkomponistin Susanne Hardt erläuterte in ihrem Vortrag, dass neben musikimmanenten Kriterien wie Instrumentierung, Tonalität und tonalem Abstand der Klänge die persönlichen Assoziationen und die musikalische Sozialisierung der Hörenden entscheidenden Einfluss auf die Wirkung der Musik hat. In diesem Zusammenhang wies ihr Gesprächspartner bei der Podiumsdiskussion, der Mannheimer Produzent und Pianist Florian Sitzmann, darauf hin, dass bspw. Orgelmusik durch ikonische Filme heutzutage vielfach mit Horror, Angst und seit letzter Zeit vor allem mit Science-Fiction und Universum konnotiert wird. Beide Experten diskutierten unterschiedliche Versionen desselben Anbetungs-Liedes und brachten verschiedene Aspekte zur Sprache. Spannend war die Feststellung, dass durch Musik und ihre Inszenierung Gottesbilder transportiert werden können: eine sehr individuelle stimmliche Interpretation eines Songs mit intimer Instrumentation und persönlichem Kontakt der Musizierenden zur Gemeinde weckt das Bild eines Gottes, der uns als Individuum kennt und uns persönlich ganz nah kommen will. Dagegen vermag ein großartiger Chor- und Orchesterklang, oder das entpersonalisierte musikalische Setting „die Orgel spielt“ das Bild des unverfügbaren, aber großartigen Gottes zu vermitteln. Beide Seiten gilt es nicht aus den Augen zu verlieren für alle, die in Gemeinde Musik machen und Lobpreis gestalten.